„Um ehrlich zu sein, ich habe versucht, das Album schneller fertig zu stellen. Ich dachte ‚Lasst es uns schnell machen, lasst uns beeilen!‘ In später Einsicht habe ich erkannt, dass ich mich nur so beeilt habe, weil ich ein Baby wollte. Ich hatte dieses große Verlangen, und der Gedanke daran, weitere drei Jahre warten zu müssen, fühlte sich scheiße an.“


Es sind drei Jahre seit der Veröffentlichung von Jessie Wares letztem Album „Tough Love“ vergangen. Von Pitchfork als Album über „echte, chaotische Liebe“ gefeiert, war „Tough Love“ der hochgelobte Nachfolger ihres ebenfalls umjubelten Debütalbums „Devotion“ (2012). Nachdem sie vom Londoner Label PMR gesignt wurde, arbeitete sie mit UK Künstlern wie SBTRKT und Disclosure zusammen, noch bevor sie ihren internationalen Durchbruch feierte. Ihre beiden Alben haben mittlerweile Gold-Status in UK erreicht und wurden weltweit millionenfach verkauft. Drei Jahre arbeitete Jessie Ware an ihrem neuen Album „Glasshouse“. Es ist eine Erkundung ihrer Familie – zum einen im LA Studio, das während der Aufnahmen zu ihrem Zuhause geworden ist und zum anderen die Familie, die sie in den vergangenen Monaten gegründet hat. Durch den Druck von allen Seiten und Abgabe-Deadlines, die ihren kreativen Prozess sabotierten, wäre „Glasshouse“ fast nicht entstanden. Doch es gab diesen einen Moment in Jessies Leben, der alles änderte, als der Druck und die Aufregung plötzlich verschwanden und ihr Songwriting eine neue Dimension nach der Geburt ihres Babys bekam.

„Ich spürte diesen Anspannung und die Angst. Aber als mein Baby 2 ½ Monate alt war, ging ich nach LA, um zu schreiben. Ich spielte Benny (Blanco) einige Sachen vor und er sagte ‚Was hast du gemacht? Wo warst Du? Warum machst du nicht das, was Du auf ‚Devotion‘ gemacht hast? Geh zurück zu deinem alten Sound, der dich so großartig macht.‘ Ich weiß nicht, warum ich diesen Ort ignoriert habe, dabei fühle ich mich dort am wohlsten. Ich habe das Gefühl für mich selbst gefunden…. Danke Gott für Benny.“ „Glasshouse“ wurde größtenteils mit Benny Blanco in Kalifornien aufgenommen. Ebenso wie Dave Okumu und Two Inch Punch arbeitet Benny bereits fast ein ganzes Jahrzehnt mit Jessie zusammen. Ihre Verbindung ist so etwas wie eine erweiterte Familie: Sie haben Spaß, sie passen auf das Baby auf und sie sprechen die Dinge so aus, wie sie sind. „Wir wohnten im Januar in Bennys Gästehaus. Das Baby war bei so vielen Sessions dabei – meine Mutter bat um ein Glas Wein, Benny übernahm das Baby, während ich zur Toilette lief – das war echte Zusammenarbeit“, lacht Jessie.

Wenn die Songs zu kompliziert wurden, ging es darum, sie wieder leichter zu machen, sie wieder zurückzufahren auf das Wesentliche. Jessie verbrachte Stunden damit, ihre musikalischen Heroinen anzuhören: Joni Mitchell, Nina Simone, Carole Kind und Aretha Franklin. Sie schrieb mit einem erneuerten Selbstbewusstsein: „Es wurde ein Album für meinen Ehemann und mein Baby. Es ist eine Entschuldigung, eine Beichte, eine Liebesnotiz, eine Deklaration… Es zeigt alle meine Ängste und alle meine Emotionen.“ „Midnight“, die erste Singleauskopplung aus Jessie Wares neuem Album, ist ein gnadenloser Kampf um eine Beziehung. Der Wut und der Anspannung der Single setzt Jessie die B-Side „Selfish Love“ entgegen, Jessies Hommage an die 60er Jahre Jazz Sängerin Astrud Gilberto und ein verführerisches Märchen von kämpfenden Liebenden. Geschrieben von Blanco und Ryan Tedder (Beyoncé, Ariana Grande, Adele) erzählen beide Singles von den Herausforderungen in Beziehungen in schwierigen Zeiten. „Ich war besorgt, keinen Willen oder Antrieb zu haben, ins Studio zu gehen, aber auf verrückte Weise war es genau das Gegenteil“, erklärt Jessie.

„Das Baby hat mich angetrieben, ich wurde sehr fokussiert.“ Im Januar 2016 hatte Jessie Ware ihre erste Session mit Songwriter James Newman und Produzent und Songwriter Starsmith. „Ich sagte, hört zu, ich will keinen Pop machen. Ich möchte einen Song machen, der in den Leuten etwas bewegt. Lasst uns nicht versuchen, fürs Radio zu schreiben‘. Mit diesem Plan im Kopf machte sich Jessie daran, eine Auswahl von Songs zu schreiben, die emotional und echt, ehrlich mit sich selbst und ihren ursprünglichen Impulsen als Songwriterin sind.

Beim Anhören von „Glasshouse“ spürt man die tief verwurzelte, emotionale Ehrlichkeit, die u.a. entstanden ist, weil Jessie mit den Menschen wiedervereint wurde, mit denen sie sich am wohlsten fühlt. Jessie kehrte zurück zu ihren wichtigsten Partnern und Freunden von ihrem Mercury Prize-nominierten Debütalbum „Devotion“. Sie arbeitete wieder mit Kid Harpoon zusammen und nahm die Ballade „Alone“ auf, eine Ode an die gemeinsame Zeit mit den Menschen, die man liebt. Über die Arbeit mit Kid Harpoon sagt sie: „Ich wusste, wir haben einen Song wie ‚Wildest Moments‘ in uns. Ich fühlte, er ist da, wir brauchten nur etwas Zeit.“

Die zwei Schlüsselbegriffe, die „Glasshouse“ möglich gemacht haben, sind „Zusammenarbeit“ und „Kuratieren“. Für eine Studioversion des Fan-Favoriten „True Believers“, ging Jessie mit ihren guten Freunden Felix und Hugo White (The Maccabees) ins Studio. „Es war ein Song für Sam, meinen Mann, über die Flucht aus dieser verrückten Welt. Ich habe die Songs aus der Vergangenheit nie aufgegeben und ich habe meine besten Freunde und Lieblingsmenschen darauf.“ Ebenfalls auf dem Album dabei ist Ed Sheeran, der den finalen Albumtrack „Sam’s Song“ mitgeschrieben hat. Auf dem Song dabei sind die Musiker Pino Palladino, Chris Dave und Nico Segal. „Diese unglaublichen Musiker zusammen zu sehen, das war einfach wunderschön“, sagt Jessie.

Von Jazz-Improvisationen bis zu innovativer House Music – die Einflüsse auf dem Album sind eine Erinnerung an Jessies musikalische Reise, die sich nun über drei Alben erstreckt. „Your Domino“ ist ein Dance-Track, ganz im Stil des Julia Bashmore-produzierten „If You’re Never Gonna Move“ von ihrem Debüt. Sie hat zudem mit dem norwegischen DJ und Kanye-Kollaborator Cashmere Cat gearbeitet. Es ist einfach passend, denn Dance Sound war immer ein Teil von ihr und von großer Wichtigkeit. Sie traf ihren alten Schulfreund und nun Ehemann – wovon große Teile ihres Albums handeln – auf einer Drum N Bass-Party in Streatham und performte früher oft im Boiler Room sowie gemeinsam mit den Electro Pionieren wie SBTRKT und Joker.

Es war eine Zeit der Verwandlung für Jessie, um sich wieder mit ihren Wurzeln zu verbinden. „Glasshouse“ ist ein Album, das Jessie als Songwriterin feiert und gleichzeitig ihre Zukunft als Künstlerin betrachtet. Diese neuen Elemente werden vermischt mit der ursprünglichen Sensibilität, kluger Aufmerksamkeit für Details und kraftvollen Lyrics. Das Album ist reflektiert, aber nach vorne schauend. Nach einigen Live-Shows steht jetzt im Herbst die neue UK-Tour an. „Ich bin so aufgeregt, wieder live zu spielen. Ich liebe die neuen Sachen so sehr. Eine Menge Blut, Schweiß und Tränen stecken darin.“ Es ist auch die erste Tournee mit dem Baby. „Meine einzige Angst ist, dass ihr erstes Wort „Fuck“ sein wird, weil sie die ganze Zeit von Roadies umgeben ist…und mir. Ihr erstes Lebensjahr wird ganz schön verrückt. Aber wir sind bereit.“

Das neue Album ist seit dem 20. Oktober erhältlich.